Donnerstag, 27. November 2014

Politische Propaganda in Superheldencomics


(Post) Moderne Heldenbilder


















Hans Christian Hillmann von der Universität Konstanz referiert am Dienstag, 9. Dezember 2014 im Raum für Literatur über die politische Geschichte von Superheldencomics, von ihren Anfängen als Propagandamittel im Zweiten Weltkrieg bis zu ihrer Verarbeitung der Geschehnisse von 9/11.















Comics führen als Kunstform ein Schattendasein. Ihnen haftet der Ruf als seichte Unterhaltung für Kinder an. Dabei ist sowohl die Kunstform, als auch ihr Publikum mittlerweile erwachsen geworden. Dies gilt auch für Superheldencomics – mit Folgen. 

Das Genre des Superheldencomics wird 1938 mit Superman geboren. Schnell verwandeln sich die Helden in Capes und engen Ganzkörperanzügen zu Publikumslieblingen. Als die faschistische Bedrohung in Europa wächst, werden langsam Stimmen laut, die für den Kriegseintritt der USA werben. Schon bald formuliert sich diese Forderung auch in Comics, und noch bevor die ersten US-Truppen in Bewegung gesetzt werden, schlägt Captain America Adolf Hitler und seine Nazischergen in bunten Bildern in die Flucht. Superman und Batman werben für Kriegsanleihen und Soldaten entdecken Comics für sich.

Zusammenbruch einer Industrie

Das Ende des Zweiten Weltkrieges läutet auch den Niedergang der Comic-Industrie ein. Neben den schwindenden Verkaufszahlen wird das Medium durch Zensurmaßnahmen bedroht. Superhelden verschwinden aus den Regalen. Ihre Wiedergeburt im „Silver Age of Comic Books“ beginnt harmlos, doch schon bald werden Comics wieder zu einem Kommentarmedium für gesellschaftspolitische Fragen. Schließlich widersetzt man sich offen der Zensur und das Genre beginnt, offen und unverschlüsselt ethische Fragen über Macht und Ideologie zu diskutieren. Was würde Superman tun, wenn er ein Sowjet wäre? Darf man den Übermenschen schaffen und die Welt nach seinem eigenen Willen formen? Müssen Superhelden staatlicher Kontrolle unterworfen werden oder ihrerseits Staaten kontrollieren?

Ein Vortrag für alle, die sich mit Comics beschäftigen oder einen vertieften Blick in ein unterschätztes Genre werfen wollen.

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GdSL-Vortrag "Post Scriptum – Literaturwissenschaft in der Hauptpost"  Dienstag, 9. Dezember 2014 // 19.30 Uhr
Raum für Literatur // Hauptpost St. Gallen // Eingang St. Leonhardstrasse 40, 3. Stock
Eintritt: 15 CHF, ermässigt 10 CHF, für GdSL-Mitglieder kostenlos
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Dienstag, 25. November 2014

Der Attentäter, oder die Welt des Gavrilo Princip

Ein Comic von Hendrik Rehr














Klappentext:
Der Mann, der eine Katastrophe auslöste. Als der dänische Illustrator Henrik Rehr einmal beim Zahnarzt einen Artikel über Gavrilo Princip las, fiel ihm eine Sache auf: Die Gruppe um den Mann, dessen Attentat auf den österreichischen Thronfolger im Jahr 1914 den Ersten Weltkriegs auslöste, hat vieles mit den Männern gemein, die den Anschlag auf das World Trade Center ausführten. In seiner Graphic Novel über den Attentäter von Sarajevo beschreibt Henrik Rehr bildgewaltig die Welt und Lebensumstände des Todesschützen und macht begreifbar, was ihn radikalisierte und zum Attentäter werden ließ. Princip war Mitglied der revolutionären Mlada-Bosna-Bewegung, zu der zu Beginn des 20. Jahrhunderts bosnische Serben ebenso wie Kroaten und Muslime gehörten. Sie wollte Bosnien-Herzegowina von der österreichischungarischen Besatzung befreien und mit Serbien, möglichst auch mit den anderen zu Österreich-Ungarn gehörenden südslawischen Gebieten vereinen. Die Biografie Gavrilo Princips zeigt etwas auf, was auch heute noch verblüffend aktuell ist: Wie junge Leute, die voller Wut und Tatendrang, aber ohne Perspektive sind, sich über das Unrecht, das ihrer Gemeinschaft angetan wird, empören. Und sie werden von mächtigen Hintermännern manipuliert. Solche Menschen können zu gefährlichen Fanatikern, Terroristen werden. Ja sie können sogar Weltkriege auslösen. Henrik Rehr rekonstruiert die Welt und Lebensumstände des Gavrilo Princip nicht nur sorgfältig, sondern mit großer Kunstfertigkeit und zeichnet ein differenziertes Bild seiner Person.

Autoreninfos:






Henrik Rehr hat mehr als 20 Jahre als Karikaturist gearbeitet. Er hat viele Graphic Novels in Europa veröffentlicht und arbeitet auch als Illustrator, Autor und freier Redakteur. Als bildender Künstler hatte er Ausstellungen in New York und in Dänemark. Henrik Rehr lebt in Manhattan mit seiner Frau und zwei Söhnen. 

Kommentar:
Der Erste Weltkrieg war in diesem Jahr hoch im Kurs und vieles, sehr vieles wurde darüber publiziert. Ein wahres Bücher-Schlachtfeld, wo der Leser im geschichtlichen  Schützengraben zu ersticken droht. Auch im Comic-Bereich wurde bereits vieles publiziert. Man gebe im Google nur das Stichwort «comics erster weltkrieg» ein und Amazon spuckt eine ganze Liste heraus. Das jetzt eine Graphic Novel über die Vorgeschichte dieses Krieges publiziert wurde, liegt also in der Natur der Dinge. Der vorliegende Band ist einfach nicht zu ignorieren, knüpft er doch am Ursprungsmythos des «Grossen Gemetzels» an, nämlich das Attentat auf den österreichischen Thronfolger Franz Ferdinand durch Gavrilo Princip. Nun, dieses Ereignis wurde oft als Startschuss für den ersten Weltkrieg gehandelt, wurde aber im Grunde genommen hochstilisiert und ver-romantisiert. Die eigentlichen Ursprünge liegen viel tiefer und sind schon weit vor 1914 angesiedelt. Büchertip für diejenigen, die es wissen wollen: die geschichtliche Abhandlung «The Sleepers» von Christopher Clark gibt darüber profund Auskunft.


Der Graphic Novel Autor Henrik Rehr erzählt in klaren und sehr gut gezeichneten schwarz-weiss Bildern eine fundierte Biographie des Gavrilo Princip. In seinem an die Illustrationen und Fotografien der damaligen Zeit angelehnten Stil, wird das politische Umfeld des jungen Nationalisten Princip gekonnt erschlossen. Der Blick in die Welt des Gavrilo Princip war für mich erhellend. Sie wird zwar in zahlreichen Publikationen dargelegt, aber verstrickt sich immer in die verschiedenen nationalistischen Strömungen des damaligen Balkans, und die sind schlichtweg unübersichtlich. Die Dialoge sind hie und da etwas hölzern und wenig überzeugend, aber das zeichnerische Können von Henrik Rehr gleicht dieses Manko wieder aus. Sehr empfehlenswert, sehr lesenswert.





Das Phantom der Oper

Ein Comic von Christophe Gaultier nach dem Roman von Gaston Leroux













Klappentext:
In den Gewölben der Pariser Oper hält sich ein hässliches Phantom verborgen. Es liebt die Musik und die junge Sängerin Christine. Um sie zum Star der Oper zu machen, ist dem Phantom jedes Mittel recht, und es versetzt dabei Sänger und Personal in Angst und Schrecken. Zunächst gibt Christine seinem Werben nach, doch dann erkennt sie sein wahres Ich. Als ihr Freund Raoul de Chagny ihr zu Hilfe kommt, wird das Phantom rasend vor Eifersucht und bedroht das Leben der beiden und die Existenz des gesamten Opernhauses ... Christophe Gaultier gelingt es, die angsterfüllte Atmosphäre der Romanvorlage in expressiven Zeichnungen umzusetzen. Der Verlauf der Geschichte zwischen beklemmender Ruhe und überraschenden Wendungen fesselt bis zum tragischen Ende.


Autoreninfo:












Christophe Gaultier, 1969 geboren, arbeitete nach einem Grafikdesign- Studium zuerst an der Animation von Trickfilmen, bevor er sich ganz dem Comic zuwandte. Er hat bereits bei über 14 Comics mitgearbeitet, u. a. auch in Zusammenarbeit mit Joann Sfar.













Gaston Leroux wurde 1868 in Paris geboren. Zuerst Anwalt, begann er ab 1907 für das Feuilleton zu schreiben. Seine Romane brachten das Genre des englischen Schauerund Detektivromans nach Frankreich, sein Phantom der Oper wurde dabei unsterblich. Er starb 1927 in Nizza.

Kommentar:
Gaston Leroux ist vor allem durch seinen Roman «Das Phantom der Oper» bekannt geworden. Diese tragische Romanze hat diverse Adaptionen als Film, Musical und Theaterstück erlebt (siehe Youtube). Jetzt hat Christophe Gaultier auch einen Comic aus dem Stoff gemacht.
Obwohl seine Zeichnungen nicht meinem Geschmack entsprechen, sind sie trotzdem sehenswert. Gaultier macht erst gar nicht den Versuch, der Handlung mehr Tiefgang zu geben, als sie eigentlich hat. Hier ein bisschen Opernglanz, da ein paar unheimliche Kellergewölbe, dazwischen Menschen, die versuchen, zueinander zu finden oder einander auszuweichen – fertig ist eine unterhaltsam in Szene gesetzte Schauergeschichte. Wer seinen Zeichenstil mag, sollte auf jeden Fall mal reinschauen.




Sonntag, 23. November 2014

Der Schrei des Falken (Gesamtausgabe, Band 3)

Ein Comic von Patrice Pellerin (Text und Zeichnungen)














Klappentext:
Durch eine Intrige wird Yann de Kermeur - genannt «der Falke» - des Mordes am Grafen Kermellec angeklagt. Wird er seinen Kopf aus der Schlinge ziehen können? Der spannende und ausgefeilte Abenteurcomic - in der Tradition von "Der Rote Korsar" und "Reisende im Wind" - spielt im 18. Jahrhundert, der grossen Zeit der Segelschifffahrt.

Der Author Patrice Pellerin, der künstlerisch in der Tradition von André Juillard steht, ist für seine Detailtreue bekannt. Das bringt es leider mit sich, dass der Leser auf ein neues Album jeweils rund zwei Jahre warten muss.

Autoren Info










Pellerin schloss in 1973  die Kunstakademie in Reims ab. Er arbeitete bei Pierre Joubert, ein bekannter französischer Illustrator. Ab 1977 illustrierter er vor allem Geschichtsbücher als Lehrmitttel für die Schule. In 1982 fragte Jean-Michel Charlier für ihm zu arbeiten (Barbe-Rouge). Nach dem Tode von Charlier in 1989 began er an seinen eigenen Serie «Der Schrei des Falken».

Kommentar

Spannend, spannend und wie oben bereits erwähnt, sehr detailgetreu und plastisch gezeichnet, sowie gut erzählt. Eine Räuber und Gendarm Erzählung mit viel Wirklichem und auch einigem Unwirklichen. Abenteuer pur. Mit dem dritten Band (Gesamtausgabe) findet nun diese Geschichte ein Ende. Die Schürken gefasst, getötet oder zur späten Einkehr gekommen und der Falke wird von seiner abenteuermüden Freundin verlassen und eine neue Geliebte ist nicht in Sicht....